Anbieter-Check: Was zeichnet gute BGM-Anbieter aus und wie erkennt man sie?
Leitfaden für seriöse BGM-Anbieter
Es gibt eine Vielzahl an BGM-Dienstleistern, die Firmen und öffentliche Einrichtungen beim Aufbau, Ausbau, bei der Umsetzung und Qualitätskontrolle eines betrieblichen Gesundheitsmanagement beraten und begleiten. Die einen haben einen ganzheitlichen Ansatz, andere wiederum fokussieren sich ausschließlich auf BGM-Maßnahmen aus der Gesundheitsförderung wie Rückenkurse, Ergonomie-Schulungen, Ernährungsworkshops oder Stressbewältigungs-Workshops. Dann wiederum gibt es rein digitale Angebote.
Wir sind uns sicher, dass alle ihre Daseinsberechtigung haben und ihre Sache gut machen. Gleichzeitig glauben wir, dass es für Entscheider:innen wertvoll ist, bestimmte Kriterien an der Hand zu haben, die den Weg zum seriösen BGM-Anbieter erleichtern. Was also könnten Indikatoren für einen guten Qualitätsstandard sein?
11 Qualitätsmerkmale für gute BGM-Anbieter
#1 Schnelle, kompetente Antwort per Mail und / oder Telefon mit individuellem Angebot
Wenn Sie merken, dass allein mit Textvorlagen gearbeitet wird, die Sie beliebig austauschen könnten, dann Finger weg. Jede BGM-Lösung sollte individuell auf die Bedarfe eines (Neu)Kunden angepasst sein. Schließlich werden am Ende Sie bei Ihrer Führungskraft oder der Geschäftsleitung daran gemessen, wie wertvoll und wirksam die Arbeit des externen BGM-Partners für Ihr Unternehmen / Ihre Einrichtung war.
In der Regel schaffen es gut organisierte BGM-Anbieter, binnen 2-3 Tagen ein profundes Angebot zu schicken.
Achtung bei Schnellzündern: Sie haben die Anfrage erst vor 30 Minuten abgeschickt und schon ein Angebot? Mag sein, dass Ihre E-Mail so eindeutig ist, dass keinerlei individueller Spielraum nötig war (z. B. Nichtraucher:innen-Workshops für einen Gesundheitstag). Oft jedoch ist Gesundheit eben komplex und bedarf Fingerspitzengefühl. Die Beschäftigten sollen für Gesundheit begeistert und motiviert werden, ohne sich indoktriniert oder bevormundet zu fühlen. Die Wortwahl möchte gut gewählt sein, denn oft liegt die Entscheidung für eine BGM-Lösung eine „Etage höher“ oder wird gemeinschaftlich mit vielen Stakeholdern getroffen. Ein Angebot sollte all dies berücksichtigen und die Ansprache entsprechend wählen.
#2 Chance auf ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch
Es kann sein, dass Sie nicht immer wissen, mit welchen BGM-Maßnahmen Sie Ihre Zielvorgaben erreichen können. Der gängige Weg ist: Erst einmal durch diverse Webseiten stöbern und potenzielle Lösungen finden. Häufig klingen diese zwar gut, aber passen irgendwie noch nicht optimal zu Ihrer Herausforderung; oder Sie bräuchten zwei Themenkomplexe kombiniert; oder für verschiedene Zielgruppen an dezentralen Orten, oderoderoder… Jeder Arbeits- und Gesundheitskontext ist schließlich anders.
Hier hilft es, wenn der BGM-Anbieter Ihnen die Möglichkeit gewährt, sich telefonisch abzustimmen und Sie umfassend zu Ihrer Situation zu beraten. Das gehört dazu und ein klares Qualitätsmerkmal.
# 3 Anbieter punktet mit Fokusthemen
Wir vergleichen die Angebotspalette gern mit einem Restaurantbesuch: Würden Sie zu einem Italiener gehen, der auch indische, griechische Speisen und deutsche Hausmannskost im Menü hat? Was praktisch klingt, geht in den meisten Fällen schief. Wer italienisch essen gehen will, erwartet Pizza, Pasta, Lasagne und Vino und kein Chicken Tikka Masala mit Mango Lassi und Gyros mit Ouzo.
Im übertragenen Sinn heißt das: Augen auf bei BGM-Anbietern, die Ihnen alles versprechen.
Bestenfalls ist das Menü einer Webseite oder die Broschüre des Anbieters so aufgebaut, dass Sie das Angebotsspektrum einfach überblicken können.
Zu allumfassendem BGM gehört ganz klar die Beratungsdienstleistung mit anschließenden Workshops, in Teilen auch individuellen Coachings: zielgruppenspezifisch, dicht an den Kundenvorgaben und mit top besetzten Coaches und Trainer:innen.
Zu den „Basics“ eines profunden BGM-Dienstleisters gehören die klassischen Präventionsfelder Ernährung, Bewegung, Schlaf & Erholung, Suchtprävention und Stressbewältigung / Life Balance. Darüber hinaus profilieren sich Anbieter mit speziellen Themen, in denen sie hohe Expertise und/oder Qualifikationen vorweisen.
Bei Benefit BGM sind das übrigens Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen, gesunde Schichtarbeit und Change-Prozesse (in aller ihrer Komplexität für unterschiedliche Lebensphasen inkl. Teambuilding, Kommunikation, Führungskräftetrainings und New Work-Methoden).
#4 Kompetenzvielfalt, Erfahrung & Diversity in der Trainer:innen-Selektion
Alles nur junge Hüpfer unter den Coaches, die den Best Agern in Ihrem Unternehmen etwas über die Chancen einer Neuorientierung erzählen? Oder nur Oldies, die Ihre Auszubildenden in ihrer Lebensrealität abholen sollen, die aber mehrere Jahrzehnte bzw. Generationen „Kommunikationsbarriere“ haben? Guten BGM-Anbietern passiert das nicht.
Allerdings bedeutet auch Masse nicht gleich Klasse: Was nützen fünfzig Coaches und Coachinnen, die alle nur ein bis zwei BGM-Bereiche bedienen können? Lieber eine gut kuratierte Liste.
Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist es, wenn Sie die potenziell Dozierenden beim BGM-Anbieter einsehen können – entweder gleich auf der Webseite oder auf Nachfrage per Mail mit Trainer:innen-Set Cards, die Vita, Coaching-Erfahrung und den Charme des- oder derjenigen preisgeben.
Das Gute an der BGM-Szene ist, dass sehr viele Trainer:innen wirkliche Generalist:innen und Allround-Talente sind. Sie bilden sich immerzu fort und erweitern Ihre Kenntnisse. Menschen mit einem solchen Berufshintergrund blicken immer über den Tellerrand hinaus und sind für unternehmerische Sichtweise kombiniert mit Mitarbeitenden-Perspektiven daher immens wertvoll.
Achten Sie darauf, dass der BGM-Anbieter von Mitte Zwanzig bis Ü60 alle Kompetenzen abdecken kann. Der Bildungshintergrund ist meist ähnlich; jedoch wird auch die Trainer:innen-Landschaft immer vielfältiger. Ob weiblich, männlich, divers, non-binär, weiß oder BIPOC: Bestenfalls haben Sie die Qual der Wahl.
#5 Anerkannte Zertifizierungen & unabhängige Prüfung
Hier sind wir tatsächlich etwas zwiegespalten. Denn einerseits bieten Akkreditierungen, DIN-Normierungen & Co einen Hinweis auf den erworbenen Wissensgrad des Dienstleisters bzw. seiner Trainer:innen. Und eine gewisse Allgemeingültigkeit. Da betriebliches Gesundheitsmanagement aber in erster Linie „Gesundheitsberatung im Dienst am Menschen“ ist, lässt sich das Zwischenmenschliche nicht mit einem Prädikat oder Stempel versehen und bewerten.
Die Notwendigkeit objektiver Prüfstellen ist absolut berechtigt. Im strikt wissenstheoretischen Sinne sogar zwingend notwendig. Mit Sicherheit würden Sie eine zertifizierte ZRM®-Coachin oder einen Scrum Master™ nur buchen, wenn er oder sie die Ausbildung beim offiziellen oder auch lizenzierten Weiterbildungsinstitut genossen hat? Wir auch. So klar, so gut. Auch BGM-Dienstleister wollen schließlich nur Profis einstellen.
Und ja: Siegel schaffen Vertrauen. Aber genau das ist die Crux: Der Markt um teuer erkaufte Siegel und Prädikate boomt eben deshalb auch so stark. Glauben Sie also nicht jedem Stempel vorbehaltslos, denn Awards oder Nominierungen pushen zwar die Aufmerksamkeit und Attraktivität, aber aus „Push“ wird schnell „Bluff“, wenn Sie eine Dienstleistung eingekauft haben und die Umsetzung in Ihrem Unternehmen wegen mangelnder Expertise und schlechter Zusammenarbeit floppt.
Corporate Health ist eine relativ junge Branche. Wenn Sie also mehr Gewissheit haben wollen, ob der BGM-Anbieter wirklich hält, was er verspricht, dann orientieren Sie sich an den beruflichen Werdegängen der Trainer:innen, die Ihnen der Anbieter vorschlägt und fragen Sie unbedingt nach den Soft Skills! Der Teufel liegt im Detail – viel zu häufig werden Unternehmen geblendet von den tausenden Weiterbildungen und verlieren darüber den Blick auf das Interpersonelle: Ob es Klick macht beim ersten Kennenlernen. Ob der/die Trainer:in den Ton trifft. Ob die Zusammenarbeit vor Ort auf Augenhöhe ist.
Zu guter Letzt noch ein wichtiger Hinweis zu unabhängigen Prüfungsmethoden und Qualitätsstandards: Sollte Ihr potenzieller BGM-Anbieter auch Kurse im Gesundheitsmanagement anbieten, achten Sie hier bitte auf die Prüfungsstelle (wer also die Zertifikate ausstellen darf). BGM-Ausbildungen sind (ähnlich wie bei der Heilpraktiker:innen-Laufbahn) als Begrifflichkeit nicht geschützt.
- Der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement (BBGM e. V.) akkreditiert, evaluiert und rezertifiziert BGM-Dienstleister alle zwei Jahre auf ihr Lehrprogramm, die Materialien und Methodik. Die Prüflinge erhalten ihr Zertifikat per Post aus Gießen.
- Bei IHK-Weiterbildungsabschlüssen verbirgt sich als Zertifikatsvergabestelle oft die ZFU, die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht. Auch hier prüfen Gutachter:innen regelmäßig die Kompetenz, Qualifikation und Lehrgangsinhalte.
- Für Workshops und Dienstleistungsberatung im Allgemeinen erhalten manche (Bildungs)Anbieter ihre Träger-Zulassung auch über die Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV); besser bekannt für die Berechtigung, Bildungsscheine der Agentur für Arbeit annehmen zu können.
Darüber hinaus gibt es als „Qualitätsmanagement-Norm“ noch die DIN EN ISO 9001-Zertifizierung und die DIN SPEC 9120 Betriebliches Gesundheitsmanagement, wer sich zwingend im Unternehmen mit Prüfsiegeln absichern muss.
#6 Es „menschelt“ bei der Zusammenarbeit
Dies ist ein Aspekt, der unserer Meinung nach viel zu kurz kommt, obgleich er das Wichtigste überhaupt ist: Passen die Kommunikation und der Umgang miteinander schon BEVOR Ihr Unternehmen die Dienstleistung überhaupt in Anspruch nimmt? Begegnen Ihnen die Mitarbeitenden des BGM-Anbieters respektvoll, mit Empathie und Feingefühl? Wirken sie motivierend auf Sie? Schauen sie auf die Lösung, statt auf das Problem?
Schon bei den Vorabgesprächen wird klar, ob Sie einen BGM-Anbieter mit dem richtigen, gesunden Mindset erwischt haben. Wenn die Beratung Sie bereits glücklich macht, können Sie in den meisten Fällen davon ausgehen, dass die entsendeten Trainer:innen in Ihrer Firma ihren Job genauso gut machen. Denn der BGM-Anbieter stellt sein Personal nach seinen gelebten Werten ein. Die Botschaft einer besseren, gesünderen Arbeitswelt wird von allen getragen. Wenn Sie das bereits beim Erstgespräch oder auch zwischen den Zeilen im E-Mailverkehr spüren, haben Sie den richtigen Riecher.
#7 Auf dem neuesten Stand der Wissenschaft
Gerade im Bereich Gesundheit wird global so viel geforscht und publiziert. Erkenntnisse ändern sich quasi im Wochentakt. Es ist also unerlässlich, wenn der BGM-Anbieter nicht mit einem Wissensstand aus den 2000ern hausieren geht, sondern sich kontinuierlich beliest, updated und seine Workshops und Trainings anpasst.
Ein großer Glücksfall für Unternehmen ist es, wenn der BGM-Anbieter inhouse wissenschaftliche Mitarbeiter:innen anstellt, die sich genau darum kümmern: Immer auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben. Und die dieses Wissen mit dem Team teilen und in Präsentationen, Begleitmaterialien und Übungen einbauen.
Diese Erwartungshaltung haben gute BGM-Anbieter selbstverständlich auch an ihre Trainer:innen. Wenn Sie also bei sich im Team eine:n Spezialist:in zu einem Thema haben, so schicken Sie diese Person gern vor und spielen einmal Mäuschen, ob der BGM-Anbieter bzw. der/die Trainer:in im Stoff steht.
#8 Kooperationen mit Krankenkassen
Dies kann, muss aber kein zwangläufiger Indikator sein. Lassen Sie uns trotzdem kurz erläutern, warum es ein gutes Zeichen ist, wenn Sie über eine Empfehlung Ihrer Betriebskrankenkasse auf den BGM-Anbieter gestoßen sind oder Sie über eine Rezension auf der Webseite stolpern.
Krankenkassen haben den präventiven Ansatz schon lange verinnerlicht, geben große Studien in Auftrag (z. B. der jährlich publizierte Fehlzeiten-Report Beschäftigter jeder Branche für ganz Deutschland) und sind den kommenden gesundheitlichen und auch gesellschaftlichen Themen häufig ein Stück voraus. Die Datenlage ihrer Kund:innen erlaubt es ihnen, den Zeitgeist früh in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext einzubetten.
Sicherlich, die Krankenkassenlieblinge – also Präventionskurse im Rahmen der vier Handlungsfelder Ernährung, Bewegung, Stress und Sucht (vergleichen Sie dazu den GKV-Leitfäden Prävention) – sind weiterhin die, Achtung Wortwitz, Kassenschlager. Zu den Leistungsangeboten zählt aber auch immer mehr New-Work-Expertise, also der Rundumschlag zu einem gesunden Unternehmen. Hier wird der Staub von ganz unten aufgewirbelt und grundlegend an der Haltung und Einstellung der Firma oder Behörde gearbeitet bis es moderne, gesunde Strukturen in der Arbeits- und Organisationsentwicklung gibt.
Und jetzt kommen BGM-Profis ins Spiel: Wenn Sie herausfinden, dass Ihr BGM-Anbieter jenseits der vier „Standard“-Präventionshandlungsfelder von Krankenkassen für Kunden gebucht wird, können Sie ein weiteres Häkchen für einen etablierten, seriösen Dienstleister setzen. Denn der ist bereits bei den großen Krankenkassen zu Recht in aller Munde.
#9 Mitgliedschaft in namhaften Verbänden
Dass lebenslanges Lernen und gemeinsamer Austausch wichtig sind, wurde bereits bei den Kooperationen und bei der Wissenschaftsexpertise deutlich.
Darüber hinaus netzwerken auch BGM-Anbieter gern und weiten ihre Kompetenzen aus. Mittelstandsportale oder auch der Bundesverband für Betriebliches Gesundheitsmanagement sind valide Adressen.
#10 Nachweisliche Erfahrung des Anbieters in Ihrer Branche
Ein Blick in die Referenzen oder Kundenstimmen auf der Webseite des BGM-Dienstleisters sind ein Anhaltspunkt, um zu sehen, ob es bereits Kunden mit einem ähnlichen Arbeitshintergrund im Portfolio gibt. Es ist auch ein guter Anhaltspunkt, um sicherzustellen, ob der BGM-Anbieter KMU-, Konzern- oder Behörden-Erfahrung hat.
Es ist im Übrigen auch völlig in Ordnung, bei einer Anfrage direkt danach zu fragen.
#11 Das Maß aller Dinge – Mitarbeitende des BGM-Anbieters haben selbst ein gutes BGM
Hier ist ein Blick auf die Google Rezensionen, kununu & Co. Gold wert!
Denn mal ehrlich: Würden Sie jemanden für Ihre Mitarbeitenden-Gesundheit buchen, der seine eigenen Mitarbeitenden selbst nicht gesund behandelt? Wo Überstunden, starre Arbeitszeiten und -orte, wenig Urlaub und muffige Ausstattung aus der Steinzeit die Regel sind? Nein, danke.
Wenn Sie im Internet nicht weiterkommen, einfach mal mutig sein und dem Menschen an der Strippe die alles entscheidende Frage stellen: „Arbeiten Sie selbst gern für Ihren BGM-Dienstleister?“ Wenn die Person dann ins Stocken gerät und strauchelt… nun ja, die Entscheidung liegt bei Ihnen.
Fazit
Am Ende können nur Sie entscheiden, welcher BGM-Anbieter sich für Sie richtig anfühlt. Denken Sie daran, dass das Gesamtpaket stimmen sollte: Fachliche Expertise, nahbares Auftreten, eine gewinnende Art, eine einfache, unbeschwerte Zusammenarbeit und – ja, auch das – Ihr Bauchgefühl.
Wenn Sie den Dienstleister sympathisch finden und Sie sich aus Teilnehmenden-Perspektive selbst für die BGM-Angebote begeistern könnten, ist Ihr Gespür goldrichtig.